Vertriebenen-Transport-Listen der Kreise

EGER, ELBOGEN, FALKENAU, GRASLITZ, KARLSBAD, NEUDEK sind wieder online einsehbar.

Die Siegermächte: USA, Großbritannien und Sowjetunion berieten im Juli/August 1945 über die Nachkriegsordnung für Deutschland und Europa.

Am 02.08.1945 wurde im Artikel XIII des Potsdamer Abkommens u.a. festgelegt:

„… daß die deutschen Bevölkerungsteile in der CSR, in ordnungsgemäßer und humaner Weise, in die, dem Deutschen Reich verbliebenen Gebietsteile, überführt werden sollten …“

Bereits Ende 1945 wurden in der Tschechoslowakei Vorbereitungen für die „planmäßige Vertreibung“ getroffen; durch Plakatanschläge und Zustellung der zweisprachigen (cz. und dt.) „Aufmerksammachung“ diese auch eingeleitet. Wie dort angekündigt, wurde den dt. Haushalten ein sog. „Einberufungsschein“, ebenfalls zweisprachig (welch ein Hohn!) zugestellt, mit folgendem Inhalt (für Graslitz):

„Sie haben sich spätestens 24 Stunden nach Erhalt des Einberufungsscheines mit Ihrer Familie in der Sammelstelle ……………………. (EMO oder STEUBING) einzufinden.

Jede Person darf ein Gepäck von Gewicht höchstens 50 kg (Decke, Kissen, nötigste Kleidungsstücke, Wäsche, Schuhe und Sachen des Tagesbedarfes) einschließlich Lebensmittel mitnehmen. Bei Abgang in die Sammelstelle hat die einberufene Person die Wohnung abzusperren, das Schlüsselloch mit dem oberen Abschnitt des Einberufungsscheines mit dem Kopf Okresni spravni komise zu überkleben, worauf Name und Adresse aufgeschrieben werden muß. Alle ordentlich zusammengebundenen Wohnungsschlüssel mit Namen und genauer Adresse versehen, werden bei der MSK – Wohnungsämtern (Personen aus Kraslice direkt in der Sammelstelle) samt Verzeichnis der in der Wohnung zurückgelassenen Sachen abgegeben.

Beim Eintritt in die Sammelstelle muß sich jede Familie mit dem auf der Rückseite bestätigten Einberufungsschein von der Bezahlung aller öffentlichen Gebühren (Steuer, Licht, Wasser, Gas u.ä.), Haushaltskarte, Lebensmittelkarte, einschließlich Holz- und Kohlenkarte u.ä., Ausweis vom Arbeitsamt vom 20.12.1945 über Arbeitsverhältnis und Personalausweis ausweisen.

Die Kleintierzüchter müssen sich mit der Bestätigung der Wirtschaftstiersammelstelle ausweisen, die sich in der Straße des Josef Mánes Nr. 258 befindet, wo diejenigen einschließlich Futtermittel zu übergeben sind.

Derjenige, der zurückgelassenes Eigentum (Möbel u.ä.) verkauft, versteckt oder auf irgendwelche Art vernichtet, genau so wie der, der solche Handlungen unterstützt, wird nach dem Dekret Nr. 38/45 Sb. bestraft.“

Nach dem Aufenthalt in der zugewiesenen Sammelstelle, nach der Gepäckkontrolle und erfolgter Freigabe derselben, wurden die verbliebenen Habseligkeiten, in bereitgestellte Güterwaggons verladen; eingepfercht zwischen Kisten, Säcken, Koffern und Rucksäcken die leidgeprüften und verzweifelten Menschen – inklusive Kinder und Greise.

Nur hochqualifizierte Fachkräfte und für die Tschechen unentbehrliche Spezialisten „durften“, um nicht zu sagen „mußten“, bleiben. Sie konnten die Tschechoslowakei bei Renteneintritt als „Spätaussiedler“ verlassen, insofern sie nicht zwischenzeitlich verstorben waren, wovon allerdings zahlreiche Grabsteine heute noch Zeugnis ablegen!

Fast alle „vertriebenen Deutschböhmen“ glaubten an einen Irrtum der Politik und rechneten anfänglich fest mit einer Rückkehr „in die alte Heimat“; wie auch meine Großeltern.

Deren Vorfahren, welche einst im 13. Jahrhundert, die vielen Orte gegründet haben – nicht mit dem Schwert – sie kamen damals mit dem Pflug, rodeten und bebauten den Boden – sie kultivierten und liebten das Land, genauso wie ihre vertriebenen Nachkommen!

Heute, im 21. Jahrhundert, wird dieser Part der Geschichte mit „odsun“ (dt. Umsiedlung der Deutschen) bezeichnet – ich empfinde diesen Ausdruck als „geschönt“ – die Bezeichnung „vyhnáni koho z domu(dt. Vertreibung von Haus und Hof) wäre angebrachter.

Ich, geboren 1952 in Bayern, kann die Trauer um eine verlorene Heimat zwar nachvollziehen, zumal meine Großeltern sehr darunter litten, kenne aber persönlich diese Emotion nicht. So, wie die tschechische Bevölkerung meiner Generation keine Schuld empfinden können und müssen, was deren Eltern und Großeltern nach der Festlegung der Siegermächte vollzogen haben. Wir haben das Glück der „späten Geburt“!

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Egerländer,

liebe Forscherfreunde,

mit freundlicher Genehmigung des Sudetendeutsches Instituts e.V. in München, Hochstraße, (vormals Suddt. Archiv) vertreten durch den Vorsitzenden Herrn Dr. Raimund Paleczek mit Fürsprache von Herrn Reinhold Erlbeck, Ministerialdirigent a.D., durfte ich folgende digitalisierten Vertriebenen-Transport-Listen veröffentlichen:

Bezirk EGER/Cheb beinhaltet auf 1704 Seiten 30703 Personen

Bezirk ELBOGEN/Loket beinhaltet auf 626 Seiten 22500 Personen; von insgesamt 23    Transporten fehlen 132 Waggonlisten und damit etwa 4000 Personeneinträge.

Bezirk FALKENAU/Sokolov beinhaltet auf 1241 Seiten über 40600 Personen

Bezirk GRASLITZ/Kraslice beinhaltet 20 Transporte mit 22639 Personen

Bezirk KARLSBAD/Karlovy Vary beinhaltet auf 1417 Seiten 48636 Personen; es fehlen 15 Waggonlisten und damit etwa 500 Personeneinträge

Bezirk NEUDEK/Nejdek beinhaltet auf 536 Seiten 19291 Personen; leider ist der Transport vom 10.07.1946 mit 1189 Personen nicht erhalten geblieben und die Liste vom 13.09.1946 ist völlig unleserlich und wurde daher meist nur mit Fragezeichen (?) versehen. 

 Alles einsehbar in meiner neuen Homepage unter:

www.familiengeschichtsforschung-chobgen.de

Nun wünsche ich Ihnen interessantes stöbern! Sicher werden viele Vertriebene sich selbst finden; ganz bestimmt aber ihre Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten – vielleicht auch einen verloren geglaubten Verwandten. Stöbern ist natürlich kostenfrei!!

Ihre

Christine Obermeier

Ponholz, ab 17.09.2008/ergänzt 10.09.2023

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