Spiritus Lumbricorum oder gliederbrantenwein. 

Thue rothe regenwürm, so am hals weiße ringle haben

in ein muesch, so in wälderen wachset in eine schißel,

das sie sich am muesch sauber abkriechen, wasche sie

hernach im frischen brunnenwaßer wohl ab, so oft, bis das

waßer klar und sauber bleibt, gib auch aber acht, das da

der wein /: welchen die über sie 3 oder 4 mahl gegoßen

bis der wein auch lauter von ihr rinnt:/ über sie geschüttet, sie

noch lebendig, diß mus geschwind geschehen. Zerhake sie

hernach klein auf ein Brätlein, wie ein lungenmuos

Thu sie in ein brennkolben gieß ein halbe maas

des stärksten brantenweins in kolben, darüber rühre alles 

wohl undereinander, vermache den kolben wohl, brenne

es mit lintem kohlfeür aus, so bleibt es hell, wan das 

kohlfeür stark wird, wird der Spiritus trüb. Zum gebrauch

mach diesen Spiritum wohl warm, dünke ein schwümlein

darin, wan er auf der glut schier siedet, und düpfe mit

dem schwümlin allenthalben diesen Spiritum auf dem

glied herum, bedarffst keines weiteren einreibens schlieft

in die haut hinein. Mit diesem hat LG Heinrich freyherr

zu welden ihme selbsten von seiner halbJährigen

gliederkrankheit geholfen, da ihme sonst nichts mehr

helfen wolte. 

Vor ein paar Monaten erstand ich ein Konvolut mit handgeschriebenen Rezepten, worunter sich auch obiges befindet. Der Autor ist unbekannt. Es dürfte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts geschrieben worden sein. Bei dem genannten Patienten handelt es sich um Heinrich Freiherr von Welden, Hochaltingen und Laupheim, ein Mitglied des bayerischen Michaelsordens (*1680 +1761). Der Regenwurm-Spiritus soll bei Gelenkrheumatismus geholfen haben.

Wie Sie sehen, benötigt man nur eine gute handvoll Regenwürmer; einige Moospolster, frisches Brunnenwasser und 1 Schoppen Wein zum reinigen (man müsse aber darauf achten, daß die Regenwürmer nicht ertrinken, diese müssen lebend zerkleinert werden); ½ Liter Branntwein und einen kleinen Schwamm zum auftupfen. Bei einer evtl. Nachahmung dieser kulturhistorischen Darstellung wird keine Haftung übernommen.

Gute Gesundheit wünscht

Christine Obermeier

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